Überschwemmung aus Plastik

Plastikmüll am Strand | (c) Petra Bosse / pixelio.de

Plastikmüll am Strand | (c) Petra Bosse / pixelio.de

19.05.2015, Matthias Törner

Das Recycling ist so alt wie die Landwirtschaft. Alle Pflanzlichen und tierischen Abfälle wurden als Düngemittel verwendet. Im antiken Rom wurden sogar Exkremente eingesammelt und an die Bauern im Umland verkauft. Im Mittelalter herrschte allgemein ein Mangel an Gütern und so wurde alles, was irgendwie von Nutzen war, wiederverwendet. Dagegen landete der Unrat auf der Straße und später oft im nächsten Gewässer. Dies war zwar keine große Freude für die Nase, aber aufgrund der geringen Bevölkerung und der rein organischen Zusammensetzung des Abfalls auch kein nachhaltiges Problem für die Umwelt.

Heute leben wir in einem Hyperüberfluss: Kam ein Haushalt um 1850 noch mit rund 150 Gegenständen aus, sind es heute mehr als 20.000 – vom Apfelentkerner bis zur Zeckenzange und von der Funkwetterstation bis zum kochenden Multifunktionsmixer. Für jede noch so ausgefallene Gelegenheit ist man bis an die Zähne perfekt ausgerüstet.

Schon allein deshalb, weil jedes Produkt in einer ansprechenden Verpackung präsentiert wird, sieht auch die Zusammensetzung des Abfalls heute ganz anders aus. So werden in Deutschland jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen über die gelben Tonnen oder Säcke sowie über das Rücknahmesystem von Pfandflaschen in Supermärkten eingesammelt.

Nach Angaben des Naturschutzbundes (NABU) stieg in den vergangenen 60 Jahren die weltweite Herstellung von Kunststoffen um das 169-fache. Damit hat sich nicht nur der Erdöl-Verbrauch und die Freisetzung von Klimagasen erhöht, sondern es gelangt auch immer mehr Plastikmüll in die Umwelt, und der verrottet nicht. So werden nach Expertenschätzungen alleine dieses Jahr mehr als neun Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere gespült, wo sie häufig die Mägen von Vögeln und Säugern verstopfen, die dann mit vollen Mägen qualvoll verhungern müssen.

Doch der Plastikkreislauf dreht sich noch weiter und transportiert das schadstoffhaltige Plastik als mikrokleine Teilchen in unsere Nahrungskette. Besonders in Kosmetik- und Reinigungsprodukten befinden sie sich häufig schon in dieser Form, etwa als fließfähige Nanopartikel in Zahncreme oder als Putzkügelchen in Glaskeramikreinigern.

Diese Umstände haben mit dem Plastikfasten eine ganz neue Form der Enthaltung hervorgebracht. Eine österreichische Familie kam auf den Geschmack und versucht mittlerweile, ganz auf Kunststoff zu verzichten, soweit das praktisch möglich ist, und zieht folgendes Fazit: „Seitdem Stoffsäckchen, Gläser und Dosen stets zum Einkauf bereit liegen, ist der Einkauf zu einem viel natürlicheren Prozess geworden. Man braucht für ein glückliches Leben viel weniger, als man denkt.“

Bildnachweis: Plastikmüll am Strand (c) Petra Bosse / pixelio.de